Sie sind Teenager, die allein und unter größter Gefahr aus den Krisenregionen der Welt nach Europa flüchten – in der Hoffnung auf eines: ein Leben zu haben. Hier angekommen kämpfen sie für ein normales Leben und gegen ein System, das von ihnen verlangt, ihre Jugend einer ungewissen Zukunft zu opfern.
Nach zwei Jahren auf Tour, erreichte der Film in den österreichischen Kinos 30.000 ZuschauerInnen, es fanden über 200 Diskussionen mit Publikum, ProtagonistInnen und dem Filmteam statt.
Little Alien wurde zur mehr als 30 internationalen Festivals eingeladen und gewann Preise. Der Film wurde in das Ausbildungsprogramm Österreichs und der EU-Agentur für Grundrechte (FRA) aufgenommen.
Der Film oszilliert zwischen einer grundsätzlichen Betrachtung der Themen Asyl und Flucht – zugleich widmet er sich aber den Einzelschicksalen. Vor allem auf die Barrieren schaut Kusturica immer wieder ganz genau. Etwa, wenn sich die Geflüchteten mit für sie unverständlichen Begriffen wie Devolutionsantrag, subsidiärer Schutz, weiße Karte, erstauszustellender Bescheid, Paragraf 8 auseinandersetzen müssen.
In ihrem Alter schließt man gerade die Schule ab, macht eine Berufsausbildung, hat den ersten Partner, geht mit Freunden aus. Die Protagonisten von Nina Kusturicas Dokumentation “Little Alien” – uraufgeführt gestern Abend bei der Grazer Diagonale 09 – haben ebensolche Sehnsüchte, aber ihre ersten Erfahrungen in ganz anderen Bereichen gemacht.Sie kennen die Straßen und Häfen von Spanien, Griechenland und Marokko, die man als mit Geld und Papieren ausgestatteter “Alien”, de facto also ein Fremdling, nicht aufsuchen würde. Sie wissen, wie man untertaucht und sich ohne Hilfe durchschlägt, wirken aber in keinem Moment hart oder cool
Die Unmittelbarkeit vieler Szenen erhebt den Anspruch darauf, politisch zu werden, wo sonst Konvention zu bemühen wäre. Der Flüchtling als zugerichtetes Subjekt etwa. Stattdessen Spuren, die eben nicht im geografischen Sinn zurück zum Herkunftsort fuhren, sondern in Körperhaltungen, in – zum Beispiel – einem Gesicht ablesbar werden. Nicht in Furchen, eher im Lachen. […] Erstaunlich, was Little Alien auf dieser Ebene leistet: gesellschaftliche Stigmatisierung, ob in böser oder wohlmeinender Absicht, findet sich in den Bildern der Montage nicht wieder. Es geht um ein In-Beziehung-Setzen von Orten, von Akteuren, von Erfahrungen, von Signalen. […] Die Hoffnungen der Jugendlichen treffen auf Prozesse, denen sie sich zur Einlösung eben dieser Hoffnungen unterwerfen müssen – und denen gegenüber sie sich zugleich zu behaupten versuchen. Die Auswahl des Materials macht in wenigen Szenen deutlich, wie Parteienverkehr im Verwaltungssegment von Migration aussieht. Trotz der Präsenz der Kamera werden groteske Momente deutlich, ist der Sprung vom ,,Fremden“ zum ,,Alien“ nicht weit: Welten, nicht Kulturen treffen hier aufeinander.
Nina Kusturicas Little Alien, der das Schicksal minderjähriger Flüchtlinge behandelt, gelingt es, einem Thema Perspektiven abzugewinnen, die über Engagement hinausgehen: Er zeigt nicht nur institutionelle Hürden auf dem Weg zum Asylbescheid, sondern findet Platz für Alltagsbeobachtungen, in denen eine Normalität in der Not, eine Lebensrealität jenseits simpler Oper-Täter-Schemata nachvollziehbar wird.
Der Dokumentarfilm Little Alien zeigt beide Seiten des Einwanderungsprozesses, die der Migranten und die des Gastlandes, dessen Verwaltungsapparat versucht, eine bürokratische Lösung für die Einwanderer zu finden. Der Film begleitet die Jugendlichen bis vor die Büros der Entscheidungsträger, die über ihre Zukunft richten, und zeichnet dabei ein relativ persönliches Bild der jungen Einwanderer, das im Gegensatz zur Anonymität des Lagers steht. Fast bekommt man das Gefühl, die Jugendlichen im Laufe des Films wirklich kennen zu lernen. Gerade weil Kusturica es vermeidet, das Geschehen zu kommentieren, entsteht ein Eindruck von Authentizität, der beinahe zwangsweise dazu führt, dass man sich Gedanken über die österreichische Einwanderungspolitik macht.
Ohne die persönlichen Leidenswege zu rekonstruieren, gelingt es Kusturica, traumatische Erlebnisse schlaglichtartig vor Augen zu führen: eine Schusswunde, die noch immer Kopfschmerzen verursacht, die Überfahrt nach Lampedusa, die zahllosen Schläge und Misshandlungen von Polizei und Militär. Kusturica stellt die entscheidenden Behörden wie das Bundesasylamt jedoch nicht den Jugendlichen als anonyme Instanzen gegenüber, sondern lässt präzise den institutionellen Ablauf und die damit einhergehende Eigendynamik anschaulich werden: Auch die helfenden Betreuer, Vereine und Übersetzer sind Teil desselben Systems. „Wenn ich in Afghanistan geblieben wäre, hätten sie mich erschossen, und ich hätte meine Ruhe“ , meint einer der Jugendlichen. „Sag das denen hier, und sie erschießen dich auch“ , lautet die lapidare Antwort des anderen.
Little Alien
Kino-Dokumentarfilm
Regie: Nina Kusturica
A/2009/94 Min. 35mm/ 1:1,85/Farbe/Dolby Digital
Dari, Somali, Deutsch, Englisch, Arabisch, Spanisch, Französisch, Slowakisch
Kinostart Österreich Oktober 2009
Kinostart Deutschland 2010
DVD & VOD
Untertitel: Deutsch (für Gehörlose und Hörgeschädigte), Englisch, Spanisch, Französisch, Portugiesisch, Kroatisch und Japanisch.
Preis für Privatkunden: € 16.90
Im ausgewählten Fachhandel und im Falter Online-Shop
Für Bildungseinrichtungen bietet NK Projects die DVD mit einer speziellen Vorführlizenz um € 35,- an. Anfragen an: welcome@nk-projects.com
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